27.02.15

Die schreckliche Wahrheit!

Zweimal ein dumpfer Knall! Wie Kanonenschläge. Da ich die Straße hinter der Zielgerade gerade kurz verlassen hatte, um wenige Meter in der Seitenstraße mein Läufergepäck abzuholen, hatte ich keinen direkte Blick mehr zurück in den Zielbereich. Einen kurzen Moment dachte ich, dass wohl nichts schlimmes passiert war. Ein schlimmer Trugschluß, wie sich schnell herausstellen sollte.





Ein Läufer unserer Reisegruppe kam am "Gepäckwagen" an und berichtete von einer riesigen Rauchwolke. Er war sich sicher, dass die Ursache eine Explosion gewesen war. Zu meiner weiteren Beunruhigung, war er der Meinung, dass die Explosion am Anfang der Zielgeraden auf der Boylston Street stattgefunden hätte. Dort hatte mich kurz vor dem Ziel meine Partnerin noch angefeuert! Meine Sorge wuchs! Ohne langes Umziehen packte ich meine Sachen und ging zügig zur sogenannten "Family-Meeting Zone". Dabei überquerte ich ca. 5 Minuten nach den Explosionen die Kreuzung hinter der Zielgeraden! Das Ziel lag 300-400m weit weg in "gespenstiger Ruhe". Kein Rauch! Alles ruhig! Zügig suchte ich den Weg zum Treffpunkt! Immer häufiger fiel mir die Unruhe bei den Verantwortlichen, mit ihren Funkgeräten am Ohr, auf. Das zunehmende Sirenengeheul aus der Ferne und die verängstigte Gesichter beunruhigen mich immer mehr und ich ging immer schneller. Mir war zu diesem Zeitpunkt, ca. 10 Minuten nach den Explosionen immer noch nicht bewußt, was hier heute passiert war! Endlich am Treffpunkt angelangt nahm ich meine Partnerin glücklich, dass ihr nichts passiert war, in den Arm! Niemand aus der InterAir-Gruppe wusste zu diesem Zeitpunkt etwas genaueres. Es waren ca. 20 Minuten vergangen und wir standen parallel zur Ziellinie nur 2 Blocks weiter und waren ahnungslos!


in der Family-Meeting Zone
Unser Hotel war nicht weiter entfernt. Aufgrund der unklaren Situation und dem mittlerweile permanenten Sirenengeheul entschlossen wir uns dorthin zurückzukehren. Gemeinsam mit Freunden gingen wir durch eine Einkaufspassage Richtung Hotel und trafen auf ein Lokal mit Großbildschirm. Dort sah man nicht mehr die Bilder von abgekämpften aber glücklichen Läufer im Zieleinlauf. Dort sahen wir zu unserem Entsetzen blutverschmierte Menschen, Schwerverletzte, zertrümmerte Hausfassaden - Bilder wie aus Kriegsgebieten. Ein Grauen kurz vor der Ziellinie!!!



(Bildquelle: Internet)

Was wir mit Entsetzen ebenfalls erkannten, dass die beiden Explosionsorte ein gutes Stück auseinander lagen! Das konnte kein Unfall gewesen sein. Lange durften wir hier nicht mehr stehen. Die Sicherheitskräfte wurden aktiv und schwerbewaffneten SWAT -Teams räumten die öffentliche Bereiche! Wir konnten jedoch noch in unser Hotel gelangen. Wir hatten den Startplatz und die Reise über InterAir-Sportreisen gebucht und wir waren die größte Gruppe deutscher Läufer bei diesem Event. Zügig trafen wir uns in der Hotellobby um unsere Vollständigkeit zu überprüfen. Die meisten waren schon da! Die Begleiter von InterAir-Sportreisen  hatten einiges zu tun, blieben jedoch ruhig und organisierten alles professionell! Anhand der Durchgangszeiten der anderen konnten wir kalkulieren, dass Sie nach dem Abbruch des Marathons irgendwo weit vor den schrecklichen Ereignissen am Streckenrand "gestrandet" waren. Diese Läufer wurden, wie wir  später erfuhren, in Altenheimen oder Turnhallen versorgt.


Der Marathon wurde abgebrochen!
Trotzdem begann für die Angehörigen eine lange Zeit des Wartens! Das Mobilnetz war aus Sicherheitsgründen abgeschaltet worden - Kontaktaufnahme unmöglich! In der Hotellobby wurden immer neue Gerüchte laut und das ständige patrouillieren der schwerbewaffneten SWAT-Einheiten mit Sprengstoffspürhunden in der Lobby beunruhigte uns. Bis zum Abend war unser Hotel (mitten im Sperrgebiet) zu einem Hochsicherheitstrakt geworden! Vor den Haupteingang standen gepanzerte Fahrzeuge sowie bewaffnete Sicherheitskräfte der SWAT-Einheit. Ein zweiter Sperriegel mit größerem Radius wurde später von GI´s des US-Militär organisiert.


Vor unserem Hotel
Diese machten es auch den "Spätheimkehrern" unserer Gruppe schwer in das Hotel zurückzugelangen. Trotzdem waren am frühen Abend wieder alle wohlbehalten zurück! Die schreckliche Wahrheit war jedoch dass viele Menschen, die uns Läufern auf den letzten Metern so enthusiastisch angefeuert hatten, durch ein Attentat nun schwerverletzt um Ihr Leben kämpften oder Tod waren! 

Insgesamt starben 3 Menschen und es gab 264 Verletzte!  Mein schlimmstes Erlebnis!

http://www.bild.de/news/ausland/terroranschlag/deutscher-laeufer-in-boston-entging-knapp-dem-bomben-horror-30042940.bild.html


Boylston Street (Bildquelle: Internet)
Bis bald


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